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Arzt sein: Come in and Burn-out?

© AdobeStock: Black Brush

In diesem Gastbeitrag berichtet die sächsische Hausärztin Susann H. von ihren persönlichen Erfahrungen mit Burn-out.

Nach einer körperlichen Erkrankung bin ich 2009 zu einer Mutter-Kind-Kur in den bayrischen Wald gefahren. Mit meinem damals acht Jahre alten Sohn, den ich sechs Jahre lang allein erzogen habe und nebenbei voll als Assistenzärztin mit ITS- und Notarztdiensten gearbeitet habe. Bei dieser Kur kam ich in Kontakt mit einer Psychologin, weil das im Klinikprogramm so eingeplant war. Nach zwei Gesprächen bei ihr, einem Aufnahme- und Entlassungsgespräch, las ich im Entlassungsbrief die Diagnose „reaktive Depression“. Ich war geschockt und damit im ersten Moment überhaupt nicht einverstanden.

Fast zwölf Jahre später bin ich sowohl der Psychologin dankbar als auch der Möglichkeit zur Mutter-Kind-Kur fahren zu dürfen, denn das hat mich wachgerüttelt.

Aus heutiger Sicht war ich damals tatsächlich ausgebrannt. Die Kur hat mich wieder auf ein normales Energielevel gebracht. Außerdem hat sie mir das Gefühl für meinen eigenen Körper wiedergegeben. Plötzlich habe ich die Schlafstörungen oder das Piepgeräusch der Dialyse vom ITS-Dienst des Vortages zu Hause wahrgenommen. Zudem sind mir erst dann meine Ungeduld oder Gereiztheit nach Diensten gegenüber meiner Familie bewusst geworden.

Ich habe danach weiterhin voll gearbeitet und auch nicht weniger Dienste übernommen. Aber seitdem erkenne ich die Alarmzeichen sehr gut und schaffe es gut, mich auch wieder auf mein Wohlfühllevel zu bringen.

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Meine Entscheidung für die Hausarztpraxis

Die Erfahrungen aus der Kur haben auch dazu geführt, dass ich den beruflichen Weg in die Hausarztpraxis gewählt habe. Nicht, weil man dort viel ruhiger lebt und weniger Arbeit hat, sondern, weil ich nicht mehr fremdgesteuert leben wollte.

Ich erinnere mich, dass auf einem der Schilder „Come in and Burn-out“ stand, als wir damals in unserer Klinik mit dem Marburger Bund für bessere Arbeitsbedingungen streikten. Dabei ging es um die ewige Diskussion, dass es kein Bereitschaftsdienst ist, wenn man 24 Stunden am Stück arbeitet, sondern Vollzeit – die einfach nicht vergütet werden soll.

Die Mutter-Kind-Kur hat mich dafür sensibilisiert, Dinge nicht einfach hinzunehmen.

Hausärztin Susann H.

Es geht darum selbst zu entscheiden, was man umsetzt, wann man sich weiterbilden und in welcher Umgebung man arbeiten will. Diese Möglichkeit habe ich in der eigenen Niederlassung als Hausärztin gesehen und gefunden.

Was ich Kolleginnen und Kollegen mitgeben möchte

Ich habe nie Medikamente oder psychologische Betreuung gebraucht und war auch nicht arbeitsunfähig. Es war bei mir zum Glück nur reaktiv – eine kurze Episode. Aber wer so richtig tief im Burn-out und vielleicht auch einer Depression steckt, der benötigt Hilfe und darf sich auch nicht davor scheuen, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wenn ich Tipps geben müsste, um nicht im Burn-out zu landen wären das:

  • Ehrlich zu sich selbst zu sein
  • Auf Kritik von anderen hören und diese auch annehmen
  • Offen für neues sein – Yoga, Klangschalentherapie (wer die Stille nicht aushält – kann schon tief im Strudel stecken), Aromatherapie, das richtige Essen
  • Wenn man schon zu weit im Strudel steckt, hilft manchmal nur Abstand. Zum Beispiel mit einer Kur (Fastenkur oder Urlaub im Kloster). Mindestens drei Wochen und es ist wichtig, dass man das allein macht und nicht im Schlepptau mit der Familie.
  • Akzeptieren, dass man nicht überall erster sein kann. Bei einem Vollzeitjob mit Familie und Kindern, nebenbei in allen Elternbeiräten aktiv sein und dann noch Marathon laufen, kann einfach zu viel sein.
  • Sich mit Erreichtem zufriedengeben
  • Zeit nehmen und Energie einplanen für bestimmte Lebensabschnitte: z. B. den Hausbau oder Praxisumbau. Denn wie viele von uns nehmen sich dann aktiv ein Jahr gar nichts vor, um dafür Zeit zu haben?
  • Die Reise um den Globus per Flugzeug (alles ganz „easy“ per Mausklick gebucht) kleiner und mit weniger Aufwand verbinden. Nur mal in die Natur um die Ecke ist oft schön und viel wert.
  • Das Praxispersonal für diese Themen berücksichtigen und sensibilisieren. Ich bin mit meinem Team drei Tage in die Natur gefahren. Drei Tage Auszeit mit dem Praxisteam: nichts tun, kein Kindergeschrei, kein Supermarkteinkauf – nur wir und die Natur und ohne Handynetz. Da merkten wir, wie belastbar wir als Team sind und wie gut wir uns untereinander verstehen. Auch Spannungen werden so ggf. deutlich und können frühzeitig abgebaut werden.

Anmerkung der Redaktion:

Wenn Sie unter Burn-out- oder Depressionssymptomen leiden, wenden Sie sich umgehend an Ihren Hausarzt/Hausärztin.

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