Praxisalltag & Digitalisierung

Der Wunsch nach der eigenen Hausarztpraxis

© AdobeStock: Natel Meepian

So gelingt die Selbstständigkeit

Dr. med. Amrit Forker-Tutschkus weiß, wie der Weg in die Selbstständigkeit gelingt. Als niedergelassene Hausärztin praktiziert sie in einer Leipziger Praxisgemeinschaft – und das mit Leib und Seele. Im Gespräch verrät sie uns, welche Vorbereitungen für den Weg dahin notwendig sind, welche Hürden auftreten können und wie sich Unterstützung finden lässt.

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Grundlegende Fragen beantworten

Der Schritt in die Selbstständigkeit und die Vorstellung von einer selbstbestimmten Praxisführung übt auf viele Hausärztinnen und Hausärzte einen besonderen Reiz aus. Dennoch sollte dieser Schritt gut überlegt und durchdacht sein. Um eine Entscheidung zu treffen, kann zunächst die Beantwortung grundlegender Fragen helfen, wie Amrit Forker-Tutschkus erklärt: „Wie viel Zeit möchte ich in meinem Beruf zubringen? Bevorzuge ich es, allein zu arbeiten oder lieber im Team? Möchte ich führen oder mich eher unterordnen?“

Wie viel Zeit möchte ich in meinem Beruf zubringen?

Dr. med. Amrit Forker-Tutschkus

Auch der zukünftige Arbeitsort kann bei der Entscheidungsfindung helfen: „Ob Stadt oder Land – informieren Sie sich, wie viele Ärztinnen und Ärzte Ihr bevorzugtes Gebiet bereits versorgen“, empfiehlt die niedergelassene Hausärztin. „Gibt es eine erhebliche Über- oder Unterversorgung? Erhalte ich eine Unterstützung der Gemeinde, etwa durch Kita- und Schulangebote? Tragen Sie die für sich wichtigsten Punkte zusammen und lassen Sie sie in die Entscheidungsfindung einfließen.“

Praxismodelle vergleichen

Der Blick auf die geläufigsten Praxismodelle kann bei der Entscheidung für oder gegen eine Selbstständigkeit helfen.

  • Eine Gemeinschaftspraxis bildet eine wirtschaftliche und juristische Einheit. Vorteilhaft: Nicht nur Herausforderungen und Probleme können gemeinsam gelöst werden, sondern auch die Arbeitszeit wird untereinander geteilt. Ebenso ist die Urlaubsvertretung gesichert. „Dass die Einnahmen jedoch auch untereinander geteilt werden, kann insbesondere bei unterschiedlichen Arbeitsstilen und Zeitauffassungen zu Diskussionspotenzial führen“, verrät Dr. Forker-Tutschkus.
     
  • In einer Praxisgemeinschaft agieren Ärztinnen und Ärzte hingegen wirtschaftlich getrennt voneinander. Gleichsam greifen sie – je nach Vereinbarung – auf gemeinsame Räumlichkeiten und gemeinsames Equipment zurück. Das betrifft auch das Personal der Praxisgemeinschaft.
     
  • Die Einzelpraxis ist wiederum eine gute Option für alle, die vollkommen autark entscheiden möchten. „Das bietet besonderen Freiraum, Probleme müssen dann allerdings auch allein verantwortet und gelöst werden“, ergänzt die Hausärztin aus Sachsen.

Die Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) setzt voraus, sich stärker in vorgegebene Prozesse und Strukturen einzugliedern. Das bedeutet geringere Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch weniger Verantwortlichkeiten – beispielsweise muss der Inhaber oder die Inhaberin sich um den Austausch defekter Geräte kümmern. Im Gegensatz zu den anderen Praxisformen sind Praxisinhaberin oder -inhaber und behandelnde Ärztinnen und Ärzte organisatorisch voneinander getrennt

Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ):

Formale Voraussetzungen

Mit der Praxiseröffnung müssen bestimmte formale Voraussetzungen erfüllt sein. Die wichtigste: eine abgeschlossene Facharztausbildung. Aber auch die Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ist Pflicht. Dazu Amrit Forker-Tutschkus: „Der Zulassungsantrag ist gebührenpflichtig. Ausnahmen bilden beispielsweise Gebiete, die unterversorgt sind oder in denen eine Unterversorgung droht. Gleiches gilt für einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf.“ Beispielsweise bündelt die KV Sachsen hier umfangreiche Informationen. „Kolleginnen und Kollegen, die sich kürzlich niedergelassen haben, berichteten mir außerdem, dass sie sehr von den Fortbildungsangeboten des Instituts für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IHF) e. V. profitiert haben. Insbesondere der Werkzeugkasten Niederlassung bietet wertvolle Informationen zur Niederlassung,“ sagt Amrit Forker-Tutschkus.

Patientenstamm: Aufnehmen oder abweisen?

Mit einer Neugründung – ob allein oder als Gemeinschaft – lässt sich nicht immer auf einen Patientenstamm zurückgreifen. Zufriedenheit ist zum Start aber essenziell, um Patientinnen und Patienten zu finden und zu halten: „Es gibt eine Faustregel, dass ein zufriedener Patient oder eine zufriedene Patientin einen oder eine neue mitbringt, eine unzufriedene Patientin oder ein unzufriedener Patient aber zehn potenzielle vertreibt“, sagt Dr. Forker-Tutschkus. Zudem können freundliches Praxispersonal am Empfang sowie eine übersichtliche und vor allem funktionale Website helfen, Patientinnen und Patienten zu gewinnen und zu binden.

Aus Erfahrung weiß die Allgemeinmedizinerin, dass es auch anders sein kann und verweist auf regionale Unterschiede: „In Sachsen ist es beispielsweise so, dass es eher zu viele Patientinnen und Patienten gibt und Ärztinnen und Ärzte abweisen müssen beziehungsweise keine neuen aufnehmen können. Hier rückt auch die Work-Life-Balance ins Blickfeld – denn viele Patientinnen und Patienten bedeuten auch immer einen Mehraufwand.“

Im IZH-Artikel „Burn-out als Hausärztin oder Hausarzt“ erfahren Sie mehr zum Krankheitsbild und vorbeugenden Maßnahmen.

Der Appell von Amrit Forker-Tutschkus an alle zukünftigen Hausärztinnen und Hausärzte ist daher deutlich: „Vergessen Sie Ihre Familien nicht, pflegen Sie Ihre Hobbys als Ausgleich zur Arbeit und tun Sie sich selbst regelmäßig etwas Gutes.“

Gut zu wissen: Schutz vor zu viel Bürokratie für ein zufriedeneres Arbeiten

Drohende Regressverfahren oder eine erhebliche Überbürokratisierung hinsichtlich des Ziffernreglements der KV kosten Hausärztinnen und Hausärzten Zeit. Mit der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) lässt sich die Regressgefahr vermindern und Patientinnen und Patienten lassen sich einfacher abrechnen.

Hilfreiche Unterstützungsangebote

Rückblickend auf ihren Einstieg in die Selbstständigkeit benennt die Leipziger Hausärztin zudem zwei Faktoren, die den Einstieg leichter gemacht haben: „Zum einen waren es die Kolleginnen und Kollegen des Hausärzteverbandes, die ich immer anrufen und befragen konnte. Das war eine große Hilfe. Zum anderen war es der Austausch mit dem Qualitätszirkel, der bei wichtigen Entscheidungen geholfen hat.“

Die Initiative zukunft:hausarzt lädt Sie dazu ein, gemeinsam mit uns den Hausarztbesuch der Zukunft zu gestalten. Ihre Meinung zählt. Ihre Erfahrung ist wichtig. Tauschen Sie sich mit uns aus, damit Hausärztinnen und Hausärzte, medizinische Fachangestellte, Patientinnen und Patienten sowie Krankenkassen zukünftig von der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) profitieren. Initiative zukunft:hausarzt – eine Initiative des Sächsischen Hausärztinnen- und Hausärzteverband e.V. sowie Hausärzteverband Hessen e.V.

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